Wilhemshaven 2014

Wilhelmshavener Leuchtturmschwimmen 28.6.2014

von Wigald Boning


Vor Monaten hatte ich mich zum Leuchtturmschwimmen in Wilhelmshaven angemeldet und mir vorfreudig einen neuen Neoprenanzug zugelegt. Bei der Vorbesprechung heute Mittag am Helgolandkai erklärt Organisator Traugott, man könne auch auf eigene Verantwortung ohne Neo mitschwimmen, aber nun hatte ich mich schon in die Pelle gezwängt, Wassertemperatur kühle 16 Grad, jetzt, so beschloss ich, bleibe ich im Erdölsmoking.

Der Wetterdienst warnt: Gewitter nahen aus NL heran, Blitzgefahr fifty-fifty. Probieren wir's. 80 Sportsfreunde nehmen in einem Dutzend DLRG-Booten Platz, schippern Richtung Leuchtturm Arngast. Das dauert, man wartet aufeinander, schlechte Funkverbindung, am Horizont zieht's zu, bange Blicke.

Bei mir im Boot ein knorriger Veteran mit Flossen, ein netter langer Dünner, ein ehemaliger Handballer in Kurz-Neo, ein Holländer, und noch mehr Leute, hinterm Kapitän. Leichte Überbelegung. Bei der Ausfahrt wird's windig, das Boot stemmt sich durch die Wellen, und ruckzuck steht das Boot unter Wasser. Der Käpt'n setzt uns um, weiter geht's, wenig später müssen wir jedoch einen Sportler vom Nachbarboot aufnehmen, das wegen Überlast abzusuppen droht. Haha-Havarie. Am Leuchtturm angekommen heißt es warten: Schwimmer fehlen, stehen offenbar noch im Hafen. Nanu. Die Front am Horizont wird immer düsterer.

Meine Eltern schaukeln derweil in einem Fahrgastschiff in Winkweite, schauen zu und wundern sich wohl, warum's nicht losgeht. Schon springen die ersten Wasserfreunde in die Fluten. Hieß es nicht eben, man soll noch warten? Verwirrung, flache Witze, der Himmel ist inzwischen schwarz. Ein Schlauchboot bringt die letzten Nachzügler. "...Schwimmer in die Boote...evtl Abbruch..." meint man dem Funkverkehr zu entnehmen. Der Mann im Kurzneo friert wie ein Schneider, und ich bin froh, dass ich nicht versucht habe, nur in Badehose mitschwimmen zu dürfen. Beschluss: Das Rennen wird verkürzt.

Wir nehmen Kurs auf die erste Markierungsboje, manch Gesicht ist inzwischen blass, die Schaukelei verträgt nicht jeder; inzwischen sind wir bereits ein knappes Stündchen auf See. Ein Blitz durchzuckt das Jade-Panorama.Als wir an der
Boje ankommen, ca 4km vom Strand entfernt, öffnen sich die Himmelstore und gewaltiger Regen setzt ein. Binnen Sekunden ist die Küste nicht mehr zu sehen, wir setzen unsere Schwimmbrillen auf, um die Augen vor Graupelschlag zu schützen, kauern uns auf den Bootsboden. Kommando überflüssig; der wackere DLRGler stürmt mit Boot und uns genHafen. Der Rückweg verläuft in gelöster Stimmung, ich lasse mir von knorrigen Flossenveteran das "Kardinalssystem" der Seezeichen erklären, wir sind froh, dass der Spuk ein Ende hat, und schließlich erspähen wir auch am Südstrand das Ziel.

"Das wäre ihr Ziel gewesen" kommentiert der Ex-Handballer rudicarellesk, und alle lachen.

Im Hafen erfahren wir, dass unsere Klamottenbeutel inzwischen im Ziel sind, also spazieren wir dorthin, und als wir dort eintreffen, heißt es, die Klamotten seien inzwischen in den Hafen gebracht. Alles nicht so einfach. Traugott, ich hab Dich lieb.

Inzwischen lacht die Sonne.

 

Ich kürz mal ab: Es war ein schöner weil ereignisreicher Tag! Hätten wir ganz lapidar geschwommen, hätte ich niemals so viel erlebt. Von den bisherigen 5 Veranstaltungen mussten 3 abgebrochen werden, die heutige sechste wurde gar nicht erst begonnen. Und dennoch wurden alle klatschnass. Also quasi ein Schlag ins Wasser - aber eben andererseits gerade nicht. Nächstes Jahr bin ich wieder dabei, versprochen! Und wenn ihr wieder abbrecht, komme ich im übernächsten Jahr wieder! Ich fänd's sogar prima, wenn diese Veranstaltung grundsätzlich abgebrochen werden würde, quasi als traditioneller Unique Selling Point. "Die Veranstaltung, die nie duchgeführt wird" - ich wäre dabei!

Und nach Kaffee und Kuchen mit Mama und Papa tunkte ich noch kurz in die Nordsee ein. Wo ich denn schon mal da bin.